Ich treffe KIEZkopf Monika Maywald zu einem wie ich feststelle ungünstigen Zeitpunkt am Tag – 14 Uhr ist eindeutig keine passende Zeit zum Weintrinken. Und dies ist bedauerlich, denn ich besuche die studierte Önologin in ihrem Weingeschäft (w)einstein 13 in Gohlis-Mitte. Die Mittfünfzigerin strahlt gutgelaunt und zwischen dem eifrig klingelnden Telefon findet sie immer wieder mühelos in unsere Plauderei über den Gohliser KIEZ, ihr Engagement und die Kultur.
Gohlis ist für mich wie ein warmes Nest – Die Schumann Straße ist faszinierend
Monika Maywald wurde in Bulgarien geboren und wuchs in der Heimat ihrer Familie in Thüringen auf. Die Liebe zum Wein und die Suche nach ihren Wurzeln zog sie zu einem Studium der Wissenschaft des Weines nach Bulgarien. Seit fünf Jahren ist sie nun mit ihrem Weingeschäft in Gohlis ansässig.
Ihr erster Job führte sie bereits 1985 in den Gohliser KIEZ. Sie arbeitete in der Prellerstraße bis 1989 für die Stadtkellerei Leipzig und entwickelte u.a. auch erste Rezepturen. Schon damals war sie von den „großen, warmen und alten Bürgerhäuser“ fasziniert und davon begeistert, dass Gohlis „überall grüne Ecken“ hat in denen sie – wie auch heute noch – kurze Auszeiten genießen konnte.
Ihr nächster Job führte sie nach Ostrau, hier baut in den folgenden sechs Jahren eine Kellerei weinfachlich auf. Sie wird als Weinfachfrau in der Region bekannt und pendelt später – inzwischen Mutter von Zwillingen – täglich durch Gohlis nach Wahren. Arbeiten auf dem Land, leben mit der Familie in der Stadt.
„Ich kam nachts aus Döbeln durch die Schumann Straße. Sie war leer, aber hell erleuchtet und vierspurig. Das war immer so ein krasser Gegensatz, die Schumann Straße empfand ich damals schon als aufregend und interessant.“
Meine Reisen sind für mich meine Weiterbildung
Im Jahr 2000 gründet die Weinkennerin ihr eigenes Geschäft in Döbeln und zieht in den Osten Leipzigs, um weniger Zeit im Auto verbringen zu müssen. Ihr Mann, „ein Gohliser mit Herz & Seele“ zieht mit und gemeinsam schaffen Sie sich kleine Oasen für die Familie, fernab vom Geschäft und den zahlreichen ehrenamtlichen Engagements der charismatischen Bulgarin: Ein Häuschen im Wald, Ausflüge auf die Leipziger Wasserstraßen, Radtouren durch den Auenwald – wie früher vom Auensee zum Zooschaufenster, Eis essen, zurück durch den Wald – und die jährlichen langen Reisen in die Weingebiete. „Meine Reisen sind für mich meine Weiterbildung“ lächelt Monika Maywald und berichtet, dass die Herbstreise bereits in Planung ist. Im September wird sie als Weinkennerin gemeinsam mit ihrem geschichtsinteressierten Mann eine Europareise unternehmen und dabei die Historie und den Weingenuss wie jedes Jahr ausgiebig miteinander verbinden. Seit 2016 bietet Monika Maywald zudem selbst Weinreisen an und teilt ihr Wissen in kleinen Gruppen bei Kurz-Reisen in verschiedene Weinregionen Deutschlands, Frankreichs, Italiens und natürlich Bulgariens.
Ich finde Gohlis fantastisch schön, aber wir brauchen mehr abendliche Kulturangebote ohne Abendkleid im Stadtteil
Als 2013 ihr Weingeschäft in Döbeln, direkt an der Mulde liegend, von der Flut überschwemmt wird entscheidet sich sich für Leipzig.
„Ich habe mich sehr bewusst für den Neubeginn in Gohlis entschieden. Gohlis ist für mich ein warmer, bürgerlicher, auch ein bisschen traditionell verankerter Stadtteil. Aber es ist hier nicht nur bürgerlich sondern es wird auch immer mehr hipp, denn die jungen Leute kommen immer mehr nach Gohlis.“
Seit dem 13. September 2013 bereichert das Weine & Events (w)einstein 13 nun den Gohliser KIEZ. Einige ihrer Familienmitglieder wohnen und arbeiten inzwischen auch in der Nachbarschaft, spannende Geschäfte siedeln sich in der Georg-Schumann-Straße an und sie selbst sorgt mit ihrem Weinfachgeschäft dafür, dass die Leipziger*innen sich auf den Weg in den KIEZ begeben. Ob sie selbst irgendwann mal nach Gohlis ziehen wird? Monika Maywald lacht „Ich schließe es nicht aus, aber momentan genieße ich dass, was wir uns im Osten Leipzigs aufgebaut haben“.
Seit rund fünf Jahren gehört die studierte Önologin nun schon fest zum Gohliser KIEZ und verkauft als Weinexpertin nicht nur erlesene Weine und organisiert Firmenevents, sondern initiiert zudem Events wie die Sommerwein Nacht oder den Gohliser Glühweintreff um ein bisschen Stadtflair in den KIEZ zu bringen und selbst Angebote zu schaffen. Aber es reicht ihr nicht. Der Stadtteil liegt ihr am Herzen, die Georg-Schumann-Straße fasziniert sie, sie will unterstützen. 2014 gründet sie daher mit zahlreichen Akteur*innen den Förderverein Georg-Schumann-Straße e.V., vor rund 1,5 Jahren wird sie Vorstandsmitglied und setzt sich seit dem maßgeblich für die kulturelle Entwicklung ein. Anfang diesen Jahres – nachdem das langjährige Orga-Team auseinandergefallen ist – wird ihr die ehrenamtliche Organisationsverantwortung für die Nacht der Kunst 2018 angetragen.
Es kann doch nicht sein, dass das einzige große Event für Kunst und Kultur im Leipziger Norden ausfällt
Sie entscheidet sich dafür, das Kunstfestival „Nacht der Kunst“ mit aller Kraft zu retten und ein neues Orga-Team aufzubauen. Es gelingt ihr und ihren Mitstreiterinnen dank ganz viel Energie, Herzblut und tollen Unterstützer*innen. Ihre verfügbare Zeit ist als Geschäftsfrau und Familienmensch endlich, ihre Motivation jedoch nicht:
“Kultur kostet nun mal sehr sehr viel Zeit, sehr viel Engagement, aber auch Geld. Aber ohne die Kultur und die Angebote würde hier so viel verloren gehen.“
Für dieses Jahr sind noch einmal unterstützend Fördermittel u.a. aus dem Verfügungsfonds der Georg-Schumann-Straße geflossen, aber
„mein Herzenswunsch ist es, dass wenn die Fördermittel für Gohlis irgendwann enger werden, Gohlis und die Schumann Straße nicht aus dem Blick der Stadt verloren geht.“
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Save the Date:
8. Nacht der Kunst am 01. September 2018
| http://ndk-leipzig.de | www.facebook.com/nachtderkunst.gss |
Projektträger: Förderverein der Georg-Schumann-Straße e.V.
Gesucht werden zudem noch Sponsoren und Unterstützer*innen. Bei Interesse freut sich das Team um Monika Maywald: nachtderkunst.org/unterstuetzen