Es ist wieder soweit, inzwischen bereits zum 11. Mal, die Nacht der Kunst verwandelt die wohl längste Straße Leipzigs an einem Tag in eine Kunstmeile und verbindet dabei 3,5 Stadtteile.
3,5 Stadtteile deshalb, weil Zentrum Nord irgendwas direkt kurz nach dem Chauseehaus gleich wieder aufhört, in etwa 150 Meter davon entfernt, wo die Georg-Schumann-Straße beginnt und im Verhältnis zu Gohlis, Möckern und Wahren wahrlich wenig Präsenz zeigt. Jedenfalls was den Streckenabschnitt betrifft. Inhaltlich ist das Chauseehaus in diesem Jahr – so verrät es das Programmheft – zauberhaft eingebunden und lockt bereits zentrumsnah zu Kunst & Kultur! Das freut mich persönlich sehr, wenngleich es nun keine Ausrede mehr gibt, den Kilometer 1 der Georg-Schumann-Straße in der Programmplanung ohne schlechtes Gewissen auszulassen.
Das Kunstfestival findet schließlich nur am 05. September 2020 von 16 bis 24 Uhr statt. Wie soll diese Zeit reichen, wenn über 50 Einzelstandorte über 150 verschiedene Künstler:innen präsentieren? Wenn vier Großstandorte zu kuriertem Programm einladen und dabei auch noch Streetfood-Stände entlang der Schumann-Magistrale zum KIEZplausch animieren?
Es ist nicht machbar. Ich habe es in den letzten Jahren immer wieder versucht. Egal ob zu Fuss, mit dem Rad, mit dem Kinderrallyebegeisterten Nachwuchs oder allein. In Gänze ab 16 Uhr bis Mitternacht oder in Etappen mit Zwischenheimkehr. Ich empfehle – sofern jemand von euch Anspruch auf so viel wie möglich Kunst in 8 Stunden hegt – die Wahl zwischen zwei strategischen Ansätzen:
- buntes, zielloses Treibenlassen mit möglichst viel Überraschungsbegegnungen oder -entdeckungen, in der Gefahr, dass am Ende der Nacht der Kunst das Gefühl entsteht, man habe nicht einen Bruchteil dessen gesehen was man hätte sehen wollen, oder
- einen Blick in das Programmheft und die leichte Vorsondierung von Künstler:innen, Standorten, Begleitprogramm, orientiert an der möglichen Begleitung und in Ermessen der Abstände, welche zwischen den selbstgewählten Highlights liegt.
Ich gehe davon aus, dass ich auch dieses Jahr planvoll starte um dann ziellos das Treiben der Nacht der Kunst zu genießen 😊
Allerdings gibt es ein paar Standorte, welche ich – zugegebenermaßen aufgrund der Akteur:innen vor Ort – inzwischen fast traditionell unbedingt aufsuchen muss. Einmal im Jahr – das ist der wunderbare Nebeneffekt der Nacht der Kunst – trifft man an nur einem Tag auf so viele tolle KIEZaktive und kann vor Ort bei ihnen ungeplant vorbeischauen, einfach weil man eh auf dem Weg ist. Gleichzeitig locken zahlreiche unentdeckte Künstler:innen an selten aufgesuchten Standorten und natürlich ein tolles Rahmenprogramm. Herrje.
Mehr als Kunst im KIEZ
Ich schaffe es aktuell aus meiner Perspektive heraus unmöglich, neutral zu bleiben und allgemein oder gleich verteilt Empfehlungen oder (un)vermeintliche Must-Haves zu notieren. Daher versuche ich es auch nicht und schreibe euch stattdessen einfach mal auf, was ich mir für die Nacht der Kunst 2020 vorgenommen habe und gebe diese euch natürlich auch als meine persönlichen Empfehlungen mit auf den Weg, ohne konkrete räumliche Strukturierung oder Routenempfehlung:
Herrn Lu besuchen.
Ich mag ihn. Weil er (meiner bescheidenen Shanghai-Küchenerfahrung nach) authentische Chinesische Küche in seinem wunderbar traditionellen Restaurant NIN HAO – in einer der wohl hässlichsten Passagen Leipzigs – mit solch Herzlichkeit serviert und weil er als angesehener Musiker mit seiner chinesischen Geige auch lächelnd deutsche Volkslieder spielt.
Also, Herrn Lu spielt zwar auch zur Eröffnung 16 Uhr am Kaufland, aber nur wer vor Ort 20:30 Uhr bei ihm war, hat ihn richtig erlebt:
- NIN HAO, Axis-Passage, Georg-Schumann-Straße 171-175
- Standort 38, inkl. Kinderrallye
Bei Familie Knötzsch mit einer Käse-Wurst Pause machen
Auf dem Weg von Gohlis nach Möckern ist das ein Muss, die Menschentraube davor ist Zeuge. In der Tat schmecken die Bratwürste hier einfach wirklich lecker und die Fleischerei-Familie ist zudem immer unglaublich engagiert (nicht nur) im Rahmen der Nacht der Kunst. In diesem Jahr laden Sie zu einem kubanischen Abend mit karibischer Musik und Cocktailbar ein und präsentieren Künstler:innen mit Airbrush- und Scherenschnitt-Arbeiten. Ich bin gespannt!
- Fleischerei Knötzsch, Georg-Schumann-Straße 182
- Standort 42, inkl. Kinderrallye
Und natürlich bietet es sich an, nach etwas Herzhaftem (wo auch immer genossen) auch in der Patisserie Hart & Herzlich vorbeizuschauen (Standort 33). Nicht nur, um die Arbeiten des vor Ort der ausstellenden Künstlers Gabor Szakacs zu bewundern, sondern natürlich auch, um dabei dem Gaumen zu streicheln und den Zuckerhaushalt wieder aufzufüllen. Was hier geboten wird ist jederzeit kulinarische Kunst, aber zur Nacht der Kunst passt es irgendwie drei mal gut!
Bei Monika einen Wein trinken
Wo sollte man in Gohlis ein Wein trinken, wenn nicht in Monika Maywalds (w)einstein13? Von hier aus versorgt die „Retterin“ und eine der beiden Organisatorinnen der Nacht der Kunst (seit 2019) halb Leipzig mit leckerem Wein, lädt unterjährig zu zahlreichen Events und zur diesjährigen Nacht der Kunst zu Acrylmalerei von Anke Elster sowie zu Livemusik mit Tom Radzinski und ab 22 Uhr zu einem Überraschungs-Live-Act ein. Hier geht es immer herzlich zu, das ist einfach wunderbar!
- [w]einstein 13 | Weine & Events Breitenfelder Straße 20
- Standort 19, inkl. Kinderrallye
Gartenidylle bei Uta genießen
Ich wiederhole mich unglaublich gern damit, den Skulpturengarten unter liebevoller Ausgestaltung von Uta Schlenzig als „Idyllische Oase mitten in Gohlis“ zu bezeichnen. Selbstverständlich gehört ein Stopp bei Uta also auf den Plan. Wo lässt es sich besser mit Kunst von der Kunst erholen als bei ihr? Hier locken bis 22 Uhr Ausstellungen, Musik, Lesung, Ausschank, Lagerfeuer und ein Märchenzelt.
- Skulpturengarten am Budde-Haus, Lützowstraße 19
- Standort 5, inkl. Kinderrallye
Und wenn man bei Uta ist, geht es natürlich auch in die Heiligen Hallen von Jürgen Schrödel, dem Leiter des Budde-Hauses, und besucht zudem die Akteur:innen des Bürgervereins Gohlis e.V., welche von hier aus für unseren Stadtteil wirken. Hier im Standort 4 gibt es natürlich zahlreiche Künstler:innen zu entdecken und nur einmal über die Straße gehuscht lohnt auch ein Blick in und aus dem Turm – Atelier und Werkstatt in der Lützowstraße 34 (Standort 7).
Die ehemalige Arbeitsstätte samt Kollegen aufsuchen
Das Magistralenmanagement Georg-Schumann-Straße habe ich selbst 18 Monate mit betreut und dabei zweimal auch die Nacht der Kunst als Ausstellungsort mitgestalten dürfen. Wir waren hier u.a. die Kinderrallye-Zentrale, (was für ein zauberhafte Idee für den KIEZnachwuchs, initiiert von Maike Steuer (erinnert ihr euch noch ans homeLE?)) und haben das NdK-Orga-Team in verschiedenen Bereichen unterstützt. Die ehemaligen Kollegen im Infozentrum sind in diesem Jahr Gastgeber der Jubiläumsausstellung des Leipziger Fotografen Mahmoud Dabdoub. Er zeigt Fotografien unter dem Ausstellungstitel // Zur Ehre »30 Jahre Deutsche Einheit«// Vielleicht ist auch jemand vom Magistralenrat vor Ort, dann kann ich mich nach der Sommerpause auch gleich etwas auf den aktuellen KIEZstand bringen!
- Infozentrum // Magistralenmanagement Georg-Schumann-Straße 126
- Standort 30, inkl. Kinderrallye
Und dann muss ich natürlich unbedingt im Kunst- und Kreativzentrum Lindenthaler Straße 61-65 vorbeischauen. Das ehemalige Autohaus, welches als Gemeinschaftsunterkunft“ geplant und nicht benötigt wurde, wir hier als „Atelierhaus“ aufgeführt (Standort 15) und ist es eines der kuratierten Großstandorte neben dem Glashaus am Viadukt, der Halle neben dem Kaufland und der Axis-Passage und verspricht nicht nur ganz viel Kunst, sondern auch begleitend musikalische und kulinarisches Rahmenprogramm. Was Kerstin Herrlich, einer der beiden Nacht der Kunst Organisatorinnen hier ermöglicht, sollte man sich unbedingt live anschauen!
Es locken natürlich noch viel mehr Standorte, allein bei uns hier in Gohlis, die sich auf jeden Fall lohnen, aufzusuchen. Sei es das Jeepneys, den Kulturhof Gohlis, das Nachbarschaftszentrum „Die Tür“, die Streetworker. Katrins´s Bastelladen, das Contorhaus Coworking, Gohlis Optik, Eiscafé Florenz …. nun versuch ich doch irgendwie alle KIEZorte mit in den Artikel zu bringen 😉
Tatsächlich lockt mich in diesem Jahr doch ein Blick über den KIEZrand, sogar weit über den Magistralenrand, denn das Monopol (Standort 3) in (fast oder wirklich) Eutritzsch öffnet seine Türen und zeigt Ausstellungen der dort ansässigen Künstler:innen und lockt mit Livemusik und diversen Darbietungen und Lesungen (auch für Kinder). Hier war ich noch nie und den Schlenker werde ich mir auf jeden Fall vornehmen.
Ich könnte jetzt in der Tat noch mindestens 3-33 weitere Standorte aufführen, entweder weil die Standortbetreiber:innen so wunderbar sind, oder weil die Ausstellungen in den letzten Jahren großartig waren, oder einfach weil jeder Standort und jede:r Künstler:in im Rahmen der Nacht der Kunst unbedingt gesehen werden sollte. Denn darum geht es ja.
Aber wie ich eingangs schon schrieb: Für eine:n Einzelne:n ist dies nicht machbar! Darum kommt einfach alle und verteilt euch entlang der Magistrale und genießt das diesjährige Kunstfestival entlang der Georg-Schumann-Straße. Packt euren schicksten Mund-Nasen-Schutz ein und genießt Kunst trotz Corona!
Hier gibt es aktuelle Infos zur Nacht der Kunst 2020
www.ndk-leipzig.de | facebook.com/nachtderkunst.gss |post@ndk-leipzig.de
Programmheft Nach der Kunst 2020 als PDF
Projektträger ist der Förderverein Georg-Schumann-Straße e.V., und organisiert wird das Kunstfestival ehrenamtlich von den Projektleiterinnen Monika Maywald und Kerstin Herrlich.